STADT AUFMÖBELN
Aktionsforschung von Marie Siebdrat
Verortung
Kiel
Zeitpunkt
2024
Meinungsbildung durch ein Gewächshaus auf zwei Rädern? Ein ungewöhnlicher Autoanhänger wurde zu einem gemeinsamen Experiment: Der Parkplatz im Französischen Viertel in Kiel transformierte sich über 3 Monate und provozierte unterschiedliche Meinungen. Nicht nur das gemeinsame Kräuterbeet und das Objekt selbst wachsen mit der Zeit, mit Bänken und Tischen für alle – auch die Meinungen. Angst, Hass und Hoffnung werden in Dialogen auf diesem ehemaligen Parkplatz katalysiert. Die Kräuterkarre testet vor Ort, während die städtebauliche Planung auf der Straße unsichtbar ist – ein autofreier Straßenabschnitt im Jahr 2024 wurde angekündigt. Der Trailer lädt zu offenen Formaten wie Gärtnern, einer offenen Bibliothek, Jam-Sessions oder öffentlichen Diskursen ein, um die Verdrängung des Autos und die Rolle von nachbarschaftlicher Gemeinschaftsbildung und Empowerment zu hinterfragen.
„Was ist das? Aufhübschung, Protest, Kunst… Unfug?“ [Frau, ca 40, versucht das Objekt zu verstehen.]
Städtische Aneignung ist seit langem ein Ausdruck des Widerstands, aber ihre Bedeutung hat angesichts der dringenden Notwendigkeit eines systemischen Wandels zugenommen. Die Frage, wie Gemeinschaften durch zivilgesellschaftliche Selbstermächtigung langfristige Widerstandsfähigkeit entwickeln können, hat eine neue Dringlichkeit erlangt. Selbst kleinmaßstäbliche Projekte wie dieses, dienen als Vision, um selbstverwaltete Räume zu initiieren.
„Mein Segel-Trailer ist 15 m lang. 4 Parklätze. Das wär doch was.“ [Mann, ca 25, hat seine Hilfe beim Bauen angeboten.]
Von Parkplätzen zu Commons
Kommunalpolitische Debatten finden oft hinter verschlossenen Türen statt und werden erst sichtbar, wenn die Baustelle beginnt. Um den Wandel auch in den Köpfen voranzutreiben, müssen dialogische Prozesse vor Ort stattfinden, die den Wandel - wie die autofreie Straße - zu einer greifbaren, gemeinsamen Erfahrung von Solidarität machen. Andernfalls können Meinungsverschiedenheiten eskalieren, Hass schüren und zur Spaltung führen. Ganze Haushalte fühlten sich durch die „Zweckentfremdung“ eines Parkplatzes angegriffen. Nachbarn fühlten sich in ihrem Recht eingeschränkt, ihr Auto möglichst nahe an der Haustür zu parken. Es wurde sichtbar: Reifen wurden aufgeschlitzt, Pflanzen herausgerissen und auf der Straße verteilt.
„In meinem Haus wollen die Leute alle das Ding kaputt machen. Die wollen das scheiß Teil brennen sehen!“ [Mann, ca 30, hat eine aktive Hausgemeinschaft.]
Jede urbane Zone wird von der Stadt mit vordefinierten Nutzungen kodiert. Durch die Neudefinition wird die Frage von „Warum nimmst du mir meinen Parkplatz weg?“ zu „Wie kann aus der Aneignung von Raum lokales Engagement entstehen?“. Dadurch werden bestehende räumliche Definitionen in Frage gestellt und die Straße als gemeinsames städtisches Gemeingut, oder Commons, offengelegt; nicht nur durch die Vorstellung alternativer Nutzungen, sondern durch deren aktive Erprobung. Wurde dieses Objekt zu einem co-transformativen Werkzeug? Immerhin hat es das Narrativ des infrastrukturellen Raums dekonstruiert und die Kollektivierung eines Viertels aktiviert - zumindest ein Anfang.
„Ich wollt mir nurn Jackie-Cola beim Rewe holen. Digga jetzt sitz ich hier und spiel Guitarre. So voll die romantische Straßenidylle.“ [Mann, ca 30, spielt zum ersten Mal bei einer Jam-Session.]
„Totale Provokation. Da kannst du dich auch direkt auf die Straße kleben.“ [Mann, ca 50, sucht ein langes Gespräch.]
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