STADT AUFMÖBELN
Beitrag von Stephanie Bauer
© Tony Morawe
Verortung
Donaukanal, Wien, Österreich
Zeitraum
2023
Akteur*innen
Sophiengarten, Schwimmverein Donaukanal
Rechtliche Rahmenbedingungen
Selbstverwalteter Nachbarschaftsgarten - Sophiengarten (Verein)
Links
https://www.sophiengarten.at/
https://schwimmvereindonaukanal.org/
In modernen Städten, wo persönlicher Raum oft begrenzt ist, spielen öffentliche Orte wie Saunen, Bäder und andere gemeinschaftliche Regenerationsräume eine wesentliche Rolle bei der Förderung sozialer Verbindungen und der Entspannung. Während Wohnungen heute in der Regel mit privaten Badezimmern ausgestattet sind, bieten diese öffentlichen Räume etwas Besonderes: die Möglichkeit, zusammenzukommen, informelle Gespräche zu führen und soziale Barrieren abzubauen. Sie werden zu wichtigen Begegnungsorten und fördern das Wohlbefinden in der Stadt.
Um die städtische Hygiene zu verbessern, wurden in Wien im 19. Jahrhundert öffentliche „Tröpferlbäder“ eingeführt, die erschwingliche und zugängliche Hygienemöglichkeiten boten. Es handelte sich dabei um gemeinschaftliche Badeanstalten, die zusätzlich zum Hygieneaspekt einen weiteren wichtigen Aspekt erfüllten: Sie dienten als sozialer Treffpunkt, unabhängig von gesellschaftlichen Klasse. Ihre Hochphase hatten sie im "Roten Wien" (1919-1934). Bis 1926 nutzten rund 4 Millionen Wiener*innen die öffentlichen Bäder, wo neben Waschküchen auch Dampf- und Saunabäder installiert wurden. Mit der zunehmenden Urbanisierung gingen viele dieser gemeinschaftlichen Räume verloren, wodurch die Gelegenheiten für spontane soziale Interaktion abnahmen.¹
Heute bieten öffentliche Regenerationsräume wie Saunen und Badehäuser weiterhin wertvolles Potential für urbane, gesellschaftliche Infrastrukturen - umso wichtiger ist es, dass auch heute solche Orte für informellen Austausch, Entspannung und Gemeinschaftsbildung erhalten bleiben.
In Wien haben Mitglieder der Vereine Schwimmverein Donaukanal und Sophiengarten ein gemeinschaftlich getragenes Saunaprojekt im Sophiengarten ins Leben gerufen. Ursprung dieser Idee war der Wunsch nach einer öffentlich zugänglichen Sauna. Erste Versuche mit einem Saunazelt erwiesen sich als zu klein und provisorisch, was die Beteiligten dazu veranlasste, eine mobile Saunakabine zu konstruieren – inklusive einem funktionierenden Saunaofen. Das Projekt untersucht, wie durch gemeinsames Engagement und Mut neue Freiräume für die Stadt geschaffen werden können. Es ist ein Plädoyer für eine Saunakultur nach nordischem Vorbild, wo öffentliche Saunen fixer Bestandteil des alltäglichen Stadtmobiliars sind.
Stephanie Bauer im Gespräch mit Mitglieder des Vereins Sophiengarten, Jänner 2025.
“Es gibt so ein schönes Meme, das kommt, glaube ich, aus Dänemark, das ist eine Karikatur. Da sind Anzug-Leute mit Schlips und Kragen [in der Sauna] und es steht, wo können die besten Entscheidungen getroffen werden und die sitzen oben mit Anzug, unten aber nackig.”
Solche Initiativen ließen sich skalieren, sind sich die Betreiber*innen einig. Sie bieten nicht nur eine niedrigschwellige und gemeinschaftsorientierte Alternative zu kommerziellen Saunen und Aufenthaltsorten im öffentlichen Raum, sondern fördern auch den sozialen Austausch und die politische Diskussion. Sie zeigen, wie urbanes Engagement und gemeinschaftliche Verantwortung aktiv zur Verbesserung des städtischen Raums beitragen können.
“Es war (hier) nie eine Badestelle, deshalb gelten die alten Regeln. Wenn es eine Badestelle sein sollte, müsste die Stadt neue Regeln aufstellen, und das fühlt sich für die Stadt immer schwer an. Aber man merkt, dass es immer anlassbezogen sein muss – und diese Anlässe schafft man. Das ist das Interessante. Bei diesen ganzen Projekten ist es eben so: Du schaffst die Anlässe, und erst dann beginnt die Politik, sich damit zu beschäftigen. Und je größer man wird, desto sichtbarer wird man.“
Das Saunaprojekt im Sophiengarten versteht sich als Experimentierort, der die Akzeptanz und Machbarkeit gemeinschaftlich genutzten Orte überprüft. Es verhandelt Themen wie Freiraum, Sicherheit und Nacktheit im öffentlichen und halböffentlichen Raum, was „öffentlicher Raum” überhaupt bedeutet, wem er gehört und wie er sich gestalten lässt. Veränderung durch die direkte Initiative der Gemeinschaft, ist möglich – und gerade solche unkonventionellen Ideen haben das Potenzial, die politische Diskussion voranzutreiben und die städtische Infrastruktur nachhaltig zu beeinflussen. Die Verbindung mit dem Schwimmverein Donaukanal bietet die Möglichkeit, im urbanen Raum in der Natur zwischen Sauna und Wasser zu wechseln – eine wertvolle Gelegenheit, den urbanen Raum neu zu denken und Gemeinschaft und Wohlbefinden zu fördern.
„Ich fände es gut, wenn man noch ein bisschen mehr experimentiert. Aber das bessert sich wirklich. Heute gibt es schon Stellen in der Stadt, die sagen: ‚Probiert’s einfach aus.‘ Es gibt Leute, die das mittlerweile wollen. Vor 10, 15 Jahren hätte es sich noch ganz anders angefühlt, aber inzwischen findest du tatsächlich Leute im Magistrat, die sagen: ‚Coole Sache, macht weiter so!‘ Das hat sich wirklich geändert.“
¹Quelle: Bindernagel Franke und Strmljan Alina (2022). Körperhygiene für alle. Die Geschichte des Tröpferlbades. Abgerufen am 10.2.2025 unter: https://magazin.wienmuseum.at/die-geschichte-des-troepferlbades
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