STADT AUFMÖBELN
Die neu gestaltete Hauptstraße zur Re-aktivierung des Ortskerns von Trofaiach © Foto Freisinger
Verortung
Hauptstraße in Trofaiach/Obersteiermark
Zeitraum
seit 2014
Größe
1.000 Meter (Länge der Hauptstraße)
Akteur*innen
nonconform und Stadtgemeinde Trofaiach (Projektleitung), Bewohner*innen von Trofaiach, stingl-enge architekten, Innenstadtkoordinator (Erich Biberich)
Besitzverhältnisse
Stadtgemeinde Trofaiach, Private Immobilienbesitzer*innen
Finanzierung
Stadtgemeinde Trofaiach, Bundesministerium Nachhaltigkeit und Tourismus, Ländliche Entwicklung (LE) 14-20, Land Steiermark Regionen, Europäische Union, Private Investor*innen
Links
www.nonconform.at/ideenwerkstatt
Trofaiach ist eine Kleinstadt in der Obersteiermark mit rund 7.500 Einwohner*innen. Wie auch andere Orte in ländlichen Regionen litt sie unter Abwanderung und einem aussterbenden Ortskern mit hoher Leerstandsdichte. Das Büro für Architektur und partizipative Entwicklung nonconform wurde deshalb 2014 von der Stadtgemeinde Trofaiach eingeladen, ein partizipatives Konzept zur Re-Aktivierung der Hauptstraße in der Innenstadt zu erstellen. Im Juli 2015 veranstaltete das Projektteam ein dreitägiges Festival (Ideenwerkstatt) mit rund 1000 Einwohner*innen, um innovative Wege zur Belebung des öffentlichen Raums und der Erdgeschosszone zu finden. Bewohner*innen, nonconform, der Stadtgemeinde, Politiker*innen, Verwalter*innen und Expert*innen erstellten gemeinsam einen zehnjährigen Masterplan, der die Visionen beziehungsweise Ideen aller Beteiligten berücksichtigt. Der erste Schritt in Richtung Umsetzung bestand darin, auf der Hauptstraße kleine Eingriffe umgehend einzuleiten, um diese wieder zum Mittelpunkt des öffentlichen Lebens zu machen. Erste Aktionen umfassten etwa das Aufstellen von Stadtmöbeln, die Veranstaltung eines Stadtfests, eines Triathlons oder die Einrichtung eines Open-Air-Kinos. Eine weitere Maßnahme war die Aufwertung von Wohnangeboten im Zentrum, wodurch der Einzelhandel und die Gastronomie sowie die Attraktivität des innerstädtischen Lebens allgemein gesteigert wurden. Während des Transformationsprozesses fanden regelmäßige Austauschtreffen mit dem Bürgermeister und dem Stadtamtsdirektor statt. Gleichzeitig wurde die Stelle eines Innenstadtkoordinators („Innenstadtkümmerer“) geschaffen, dessen Aufgabe darin besteht, den Veränderungsprozess voranzutreiben und lokale Akteur*innen zu vernetzen.
Bei der Ideenwerkstatt von nonconform konnten sich alle beteiligen. ©nonconform
Begegnungszone Trofaiach ©Foto Freisinger
Durch gezielte Aktivitäten soll die Innenstadt wieder zum Mittelpunkt des öffentlichen Lebens werden. © nonconform
Das Architekturbüro nonconform wurde von der Stadtgemeinde Trofaiach beauftragt, unter Beteiligung der lokalen Bevölkerung ein Konzept für die Aufwertung des Ortskerns und zur Belebung des öffentlichen Raums zu erarbeiten.
Trofaiach litt, wie viele andere Gemeinden in Österreich, unter den Folgen des sogenannten „Donut-Effekts“: Durch die zunehmende Bedeutung des Autos im Laufe des 20. Jahrhunderts wurden viele Einrichtungen des täglichen Bedarfs an die Ränder der Dörfer und Städte verlagert. Neue Gewerbe- und Wohngebiete in der Peripherie ließen ehemals lebendige Ortskerne aussterben. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken entwickelte nonconform den „Krapfen-Effekt“: Mit bewusst gesetzten Impulsen soll das Zentrum neu belebt und nachhaltig gestärkt werden.
Das Projekt begann mit einer Lernreise in benachbarte Regionen, die dem Erfahrungsaustausch und der Inspiration diente. Anschließend erfolgte eine siedlungsmorphologische Analyse von Trofaiach, um die Geschichte der Stadt zu erforschen und die lokalen Herausforderungen zu identifizieren.
Mit Werbung auf Bierdeckeln und Plakaten sowie durch Mundpropaganda, social media und andere Kommunikationsmittel wurden die Bewohner*innen zu einer Ideenwerkstatt eingeladen.
Rund 800 Ideen und Lösungsansätze zur Belebung der Hauptstraße wurden von Menschen verschiedener Altersgruppen im Zuge der dreitägigen Ideenwerkstatt gesammelt. In unterschiedlichen Formate wurden die Akteur*innen eingeladen, diese Überlegungen gemeinsam zu diskutieren. Durch den moderierten Prozess konnten am Ende des Festivals klare Richtungen definiert werden.
Ausgehend von den Ergebnissen der Ideenwerkstatt wurde ein umfassender Masterplan erstellt. Der Maßnahmenkatalog für die Umsetzung setzt Schwerpunkte, die der gezielten Aufwertung der Hauptstraße wie der Belebung der Erdgeschoßzone dienen. Erste Umsetzungen erfolgten in enger Zusammenarbeit mit dem Trofaiacher Architekturbüro stingl-enge.
Ein bezahlter Innenstadtkoordinator („Innenstadtkümmerer“) wurde engagiert, um den Transformationsprozess voranzutreiben. Als Drehscheibe vernetzt er seit Projektbeginn die lokalen Akteur*innen (Bürger*innen, Politiker*innen, Verwalter*innen, Architekt*innen, Gewerbetreibende) und sorgt für die Realisierung der festgelegten Maßnahmen. Nonconform begleitet die Stadtgemeinde als dauerhafter Partner und bleibt ein Korrektiv.
„In solchen Projekten ist es in der Regel immer am schwierigsten, die Politiker und Verwaltung von einem zehn Jahre andauernden Transformationsprozess zu überzeugen. Das geht nur schwer mit den politischen Dekaden von fünf Jahren zusammen. So ein Re-Design dauert aber viele Jahre. Zuerst ist der Raum grauenhaft und dann soll er schön sein. Zuerst gibt es viel Leerstand und dann soll wieder vieles voll sein. Das geht in Metropolen einfacher, weil durch die höhere Bevölkerungsdichte neue Nutzungen wesentlich leichter zu organisieren sind. In metropolfernen Räumen wie Trofaiach ist das komplexer. Es dauert länger und braucht einen langen Atem aller Beteiligten. Das Bewusstsein, dass diese Veränderung zehn Jahre dauern kann, muss in alle Köpfe hinein. Die zweite Schwierigkeit ist es, qualitativ gute Projekte umzusetzen. Eine Idee ist schnell am Tisch, aber sie zu verwirklichen, braucht Zeit und gute Partner – vor allem auf der Ebene der Gestaltung. Die dritte Herausforderung bei partizipativen Projekten ist es, die Leute immer wieder zu beteiligen.“ (Roland Gruber, 22.01.2020)
„Die Begriffe Stadtplanung und Partizipation gehen nur schwer zusammen. Planung kann auf Partizipation aufbauen oder hat im Idealfall eine gute Interaktion. Mir erscheint in diesem Zusammenhang der Begriff Entwicklung, also Stadtentwicklung, viel besser geeignet. Wir sollten überhaupt weniger planen und wieder mehr zulassen. Generell ist vieles zu überreglementiert. Vielleicht sollte jeder zweite Planungsparagraph mit einem Algorithmus zerstört werden, wir würden locker mit der Hälfte an Vorschriften und Vorgaben auskommen. Freiräume sind Möglichkeitsräume und entstehen durch Aneignung.“ (Roland Gruber, 22.01.2020)
„Erstens ist die Herausforderung bei Partizipation, dass es häufig zu hohe Erwartungen gibt und die Aufgaben zu groß gedacht werden. Zweitens kann man nicht alle involvieren, sondern nur versuchen, möglichst viele Interessierte zum Mittun zu motivieren. Und je greifbarer die Aufgabe, desto leichter erreicht man Leute. Es ist vielleicht mit dem Backen eines Kuchens vergleichbar. Bürgermeister wollen oft die größte und süßeste Torte, egal welche Aufgabe ansteht. Aber eigentlich würde ein Muffin oder ein Guglhupf viel besser passen. Wir dürfen die Bürger*innen nicht überfordern oder ihre kostbare Zeit überstrapazieren. Sie bringen sich ehrenamtlich ein. Wenn ich ihre Teilhabe ermöglichen möchte, muss ich auf ihre Rahmenbedingungen Rücksicht nehmen – Schulzeiten, Arbeitszeiten, Leute im Ruhestand, etc. Nicht alle Themen sind für alle interessant. Deswegen sind kurze, kompakte, lustvolle Prozesse immer besser als lange, bei denen wenig Konkretes rauskommt. Eine gute Moderation produziert Ergebnisse. Es ist besser, um wieder zum Kuchen zurück zu kommen, einen zweiten, dritten oder vierten Muffin zu backen statt einer großen Torte, die dann gar nicht aufgegessen und schließlich ungenießbar wird.“ (Roland Gruber, 22.01.2020)
Cookie | Dauer | Beschreibung |
---|---|---|
cookielawinfo-checkbox-analytics | 11 months | This cookie is set by GDPR Cookie Consent plugin. The cookie is used to store the user consent for the cookies in the category "Analytics". |
cookielawinfo-checkbox-functional | 11 months | The cookie is set by GDPR cookie consent to record the user consent for the cookies in the category "Functional". |
cookielawinfo-checkbox-necessary | 11 months | This cookie is set by GDPR Cookie Consent plugin. The cookies is used to store the user consent for the cookies in the category "Necessary". |
cookielawinfo-checkbox-others | 11 months | This cookie is set by GDPR Cookie Consent plugin. The cookie is used to store the user consent for the cookies in the category "Other. |
cookielawinfo-checkbox-performance | 11 months | This cookie is set by GDPR Cookie Consent plugin. The cookie is used to store the user consent for the cookies in the category "Performance". |
viewed_cookie_policy | 11 months | The cookie is set by the GDPR Cookie Consent plugin and is used to store whether or not user has consented to the use of cookies. It does not store any personal data. |